Haftstrafen für türkische Kommunisten – Oberlandesgericht München


Mehr als vier Jahre dauerte der Münchner Prozess gegen zehn Mitglieder der türkischen Partei TKP/ML. Nun verurteilte das Gericht sie zu mehrjährigen Haftstrafen. Unterstützer protestierten gegen die Entscheidung.

Im Münchner Prozess gegen eine Gruppe türkischer Kommunisten hat das Oberlandesgericht München die zehn Angeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Der Hauptangeklagte Müslüm E. bekam wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland sechseinhalb Jahre Haft, die übrigen neun Angeklagten wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland Haftstrafen zwischen zwei Jahren und neun Monaten sowie fünf Jahren.

Mitglieder geworben, Geld beschafft

Das Verfahren dauerte mehr als vier Jahre. Die neun Männer und eine Frau türkischer sowie kurdischer Abstammung standen seit Juni 2016 in der bayerischen Landeshauptstadt vor Gericht. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Angeklagten für die Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) Mitglieder warben, Veranstaltungen organisierten und Geld beschafften.

Dabei handelten sie laut Urteil in dem Bewusstsein, dass die Partei in der Türkei einen Umsturz plante und dazu auch Anschläge mit Tötungsabsicht verübte. Insgesamt sollen im Tatzeitraum sechs Menschen ums Leben gekommen sein, darunter auch Kinder.

Die in den 1970er-Jahren gegründete und dann aufgespaltene TKP/ML kämpft in der Türkei teils mit Gewalt gegen den dortigen Staat. Bei Anschlägen etwa gegen türkische Regierungseinrichtungen gab es Sachschäden, aber auch Verletzte und Tote. In Deutschland wird die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet, ist aber nicht verboten.

Kritik an Zusammenarbeit mit Türkei

Die Anklagebehörde war auch nach rund 270 Verhandlungstagen vor dem Oberlandesgericht München im Kern bei ihren Vorwürfen geblieben. Sie forderte für den Hauptangeklagten sechs Jahre und neun Monate Haft und für die übrigen Angeklagten Haftstrafen zwischen dreieinhalb und fünf Jahren. Die Verteidiger hingegen beantragten Freisprüche beziehungsweise die Einstellung des Verfahrens.

Der Prozess wurde wiederholt von Protesten begleitet, auch am Urteilstag gab es eine Demonstration vor dem Gerichtsgebäude. Im Gericht begrüßten Anhänger die Angeklagten mit Klatschen. Die Angeklagten weisen den Terrorvorwurf zurück, sie sehen sich als Oppositionelle und Freiheitskämpfer. Unterstützer und Verteidiger kritisierten, dass sich die Anklage auch auf Ermittlungen aus der Türkei stütze. Die deutsche Justiz mache sich so zur Handlangerin von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.

Die Unterstützung einer ausländischen Terrorgruppe wurde nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in Deutschland strafbar. Bei Vereinigungen außerhalb der EU muss die Bundesanwaltschaft beim Justizministerium eine Ermächtigung einholen, um die Tat verfolgen zu können.

 


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