Racial Profiling bei Polizeikontrollen


Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) hat im Policy Brief “Racial Profiling bei Polizeikontrollen” festgestellt, dass Personen, die angeben, aufgrund von äußerlichen Merkmalen als ausländisch wahrgenommen zu werden, doppelt so häufig (8,3 Prozent) von der Polizei kontrolliert werden als Personen, bei bei denen das nicht der Fall ist (4,4 Prozent).
Dazu befrage ich die Bundesregierung:

Schriftliche Frage der Abgeordneten Gökay Akbulut

(Monat Dezember 2023, Arbeits-Nr.: 23-12-0524)

Wie erklärt es sich die Bundesregierung, dass Personen, die angeben, aufgrund von äußerlichen Merkmalen als ausländisch wahrgenommen zu werden, doppelt so häufig (8,3 Prozent) von der Polizei kontrolliert werden als Personen, bei bei denen das nicht der Fall ist (4,4 Prozent), wie der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) im Policy Brief “Racial Profiling bei Polizeikontrollen” feststellt (www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2023/11/SVR-Policy-Brief_Racial-Profiling-bei-Polizeikontrollen.pdf), und welche Maßnahmen möchte die Bundesregierung jetzt ergreifen, etwa im Bereich der Aus- und Fortbildung für Angehörige der Bundespolizei, des Monitoring, der Dienstaufsicht oder des Disziplinarrechts, um Diskriminierungen bei verdachtsunabhängigen Personenkontrollen zu verhindern?

 

Antwort der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat den Policy Brief 2023-3 „Racial Profiling bei Polizeikontrollen“ des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) zur Kenntnis genommen. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass der SVR-Policy Brief keine Differenzierung dahingehend enthält bzw. erlaubt, ob es sich bei den Polizeikontrollen um solche handelt, die von Polizeien des Bundes oder von Polizeien der Länder durchgeführt wurden. Die Antwort der Bundesregierung auf die vorliegende Frage kann sich indes nur auf die Polizeien des Bundes beziehen.

Nach Einschätzung der Bundesregierung sind die Aussagen des SVR-Policy Briefs differenziert zu betrachten und einzuordnen. Das hebt auch der SVR selbst hervor.

Nach Aussage des SVR würden die zitierten Ergebnisse zwar erstmalig auf Grundlage einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung ein Indiz dafür darstellen, dass Racial Profiling bei der Polizei existiere. Jedoch hält der SVR selbst fest, dass sich nicht bestimmen ließe, ob die festgestellte Diskriminierung auf eine ‚rassistische Brille‘ der Polizei zurückzuführen sei oder ob zusätzliche Effekte und intervenierende Variablen, die in dem Policy Brief nicht berücksichtigt werden konnten, eine Rolle spielen könnten. Auch seien die Unterschiede in der Kontrollhäufigkeit nicht allein auf äußerlich wahrgenommene Merkmale zurückzuführen. Vielmehr zeige sich, dass ineinandergreifende Ungleichheitsmechanismen betrachtet werden müssten, um ein differenzierteres Bild zu erhalten. Aufgrund der dargestellten Einschränkungen seien daher weitere Forschungsarbeiten mit verschiedenen Ansätzen und Methoden nötig, um ein umfassenderes Verständnis der Situation in Deutschland zu erlangen (siehe Fazit, S. 17). Die Bundesregierung beschäftigt sich bereits intensiv mit diesen Themen, die in Teilen u. a. im Rahmen von zwei vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) geförderten Studien (MEGAVO und InRA) betrachtet werden. Die diesbezüglichen Ergebnisse bleiben abzuwarten.

Die Polizeien des Bundes (wie auch die Polizeien der Länder) sind an Recht und Gesetz gebunden. Die Auswahl von Adressaten polizeilicher Maßnahmen allein auf der Grundlage eines in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes genannten Merkmals ist unzulässig. Verstöße von Beschäftigten der Polizeien des Bundes gegen das Diskriminierungsverbot werden nicht toleriert und unabhängig untersucht und geahndet. Antirassismustrainings und Themen der interkulturellen Kompetenz werden in einer Vielzahl von überwiegend verpflichtenden Formaten im Rahmen der Aus- und Fortbildung der Polizeien des Bundes behandelt, punktuell auch unterstützt durch die Einbindung zivilgesellschaftlicher Institutionen.

Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Novelle des Bundespolizeigesetzes, der am 20. Dezember 2023 vom Kabinett verabschiedet wurde, ist vorgesehen, dass Personen, die von der Bundespolizei im Rahmen von lageabhängigen Befragungen kontrolliert werden, künftig berechtigt sind, von den Beamtinnen und Beamten über diese Maßnahme und ihren Grund eine Bescheinigung zu verlangen (sog. „Kontrollquittung“). Zweck dieses Regelungsvorschlages ist es, mehr Bürgernähe und Transparenz zu schaffen. Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass die Wirkung der Kontrollquittungen sowie die Kontrollpraxis wissenschaftlich unabhängig evaluiert werden soll.

Ob ein Bedarf für weitere Maßnahmen besteht, wird die Bundesregierung auf Grundlage der noch ausstehenden Ergebnisse der erwähnten Studien und nach Inkrafttreten des neuen Bundespolizeigesetzes auf Grundlage der vorgesehenen Evaluierung, prüfen.

 

Pressebericht dazu:
Polizei sortiert nach »Phänotypen«


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