Bundesländer wollen mehr als 2000 Geflüchtete aufnehmen – Bund mauert




Die Bundesländer sind bereit, insgesamt 2100 Geflüchtete von den griechischen Inseln aufzunehmen. Wie das Bundesinnenministerium der Linken-Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut auf Anfrage mitteilte, handelt es sich dabei um hilfsbedürftige Kinder und ihre engsten Angehörigen. Man habe „von allen 16 Bundesländern eine Rückmeldung erhalten“.

Zwei Länder, Thüringen und Berlin, haben Minister Horst Seehofer (CSU) demnach außerdem um seine Zustimmung zu ihren entsprechenden Landesaufnahmeanordnungen gebeten, um 500 beziehungsweise 300 hilfebedürftige Flüchtlinge aufnehmen zu können.

Diese Zustimmung ist nötig, weil die Aufnahme ausländischer Staatsangehöriger grundsätzlich Bundesangelegenheit ist. Auch in anderen Ländern gilt die Zuständigkeit der nationalen Regierung. An dieser Hürde scheitern bisher viele aufnahmebereite Städte, Gemeinden und Kreise, die nicht helfen können, obwohl sie freie Kapazitäten in ihren Aufnahmeeinrichtungen haben und keine Probleme sehen, mehr Geflüchteten zu helfen, als sie laut bundesweitem Verteilschlüssel müssen. Die ersten von ihnen schlossen sich im letzten Sommer in Berlin, angestoßen durch die zivilgesellschaftliche Initiative

Seebrücke, zum Bündnis Sichere Häfen zusammen.

Inzwischen ist der Städtebund von 13 auf 57 Kommunen angewachsen, von Erlangen bis Rostock. Während eines Fachgesprächs der Grünen im Bundestag hatte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer, wie sein Minister CSU-Politiker, noch angedeutet, dass der Weg über die Länder führen könne, die die eigentlichen Partnerinnen des Bundes seien: „Das Bundesinnenministerium hat noch nie einem Land ein Aufnahmeprogramm verweigert“, sagte Mayer seinerzeit.

Das scheint nun nicht mehr zu stimmen. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) klagte Mitte Juni, dass das Bundesinnenministerium bereits dreimal seine Bitte, Geflüchtete aufzunehmen, abgelehnt habe.

Ohnehin gibt es allerdings auch unter Juristinnen und Juristen Diskussionen, ob die reine Zuständigkeit der Bundesregierung noch haltbar ist oder ob nicht Städte längst globale Verantwortung übernehmen und auch das förmliche Recht dazu bekommen müssten. Die Lage auf den griechischen Inseln ist für Geflüchtete verzweifelt. Zigtausende hängen dort teils seit Jahren in überfüllten Lagern fest.

Die Linken-Abgeordnete Akbulut nennt das Nein des Innenministeriums einen Skandal und verweist darauf, dass ein Beschluss des Bundeskabinetts von März bereits die Aufnahme von 1500 Kindern von den griechischen Inseln vorsah. Bisher seien aber erst 47 in Deutschland angekommen.

„Es harren derzeit immer noch über 31.000 Menschen in den griechischen Elendslagern aus“, sagte Akbulut dem Tagesspiegel. „Selbst die Aufnahme von knapp 1000 Menschen ist dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein und hilft nicht an der Situation nachhaltig etwas zu ändern. Die Fokussierung ausschließlich auf minderjährige Kinder ist, vor dem Hintergrund dass sich auch viele andere besonders schutzbedürftige Menschen in den Lagern befinden, nicht ausreichend.“ Nötig sei vielmehr die Aufnahme von 10.000 Menschen, die derzeit noch in den sogenannten Hotspots in Griechenland warten.


Original aufrufen: https://www.tagesspiegel.de/politik/elendscamps-auf-griechischen-inseln-bundeslaender-wollen-mehr-als-2000-gefluechtete-aufnehmen-bund-mauert/26000204.html

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