Meine Frage an die Bundesregierung


Schriftliche Fragen der Abgeordneten Gökay Akbulut für den Monat Mai

(Monat Mai 2021, Frage Nr. 5-520 )

Frage für den Monat Mai

Warum wurde trotz umfassender Überarbeitung des Visumhandbuchs zum Thema Härtefallregelung bei Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug (vgl. Plenarprotokoll 19/226, Seite 28851, Frage 60) nicht genauer auf das von deutschen Behörden zwingend umzusetzende Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 9. Juli 2015 (C-153/14) eingegangen, sodass nach meiner Einschätzung die Gefahr besteht, dass vom EuGH vorgegebene, im Handbuch aber nicht erwähnte Kriterien wie das Alter, das Bildungsniveau und die finanzielle Lage der Betroffenen bei einer Einzelfallprüfung nicht berücksichtigt werden, und wieso heißt es im Visumhandbuch („Nachweis von Sprachkenntnissen im Visumverfahren“, 2.5.5. Kosten) nur ganz allgemein, dass die „Kosten für den Sprachnachweis“ die Ausübung des Rechts auf Familiennachzug nicht unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen, obwohl der Gesetzgeber die Bundesregierung „um weitere Konkretisierung durch Anwendungshinweise gebeten“ hatte (Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 12. Juni 2015, Ausschussdrucksache 18(1)344, Seite 10), was nach meiner Auffassung mindestens die Klarstellung erfordert hätte, dass unter anderem Sprachkurs-, Prüfungs- sowie entsprechende Reise und Übernachtungskosten zu berücksichtigen sind und dass der EuGH diesbezügliche Kosten in Höhe von 460 Euro als unionsrechtswidrig beurteilt hatte (a.a.O.), worauf Betroffene nach meiner Einschätzung nicht hingewiesen werden?

Antwort der Bundesregierung

Das zitierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist in einem konkreten Einzelfall anlässlich einer Klage gegen die Niederlande ergangen. Für diesen Einzelfall hat der Gerichtshof festgestellt, dass „die Höhe der Kosten für die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Integrationsprüfung die Familienzusammenführung unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren unmöglich machen oder übermäßig erschweren könnte“. Eine Verallgemeinerung dieser auf die Ausgangsverfahren bezogenen Aussage über die Umstände des betroffenen niederländischen Einzelfalls hinaus ist nicht ersichtlich.
Bei einer Einzelfallprüfung gemäß § 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 6 des Aufenthaltsgesetzes sind persönliche Umstände der Betroffenen zu berücksichtigen. Das Visumhandbuch (73. Ergänzungslieferung, Stand 05/2021) stellt klar, dass „bei der Prüfung (…) jeweils eine Gesamtschau vorzunehmen“ ist (2.5.1., Seite 23). Es konkretisiert: „Bei jedem Antrag muss aufgrund der örtlichen Besonderheiten und persönlichen Situation jeweils geprüft werden, welche Möglichkeiten die Antragssteller tatsächlich haben und ob sie diese auch tatsächlich genutzt haben oder dies nachweislich unzumutbar war.“ (2.5.1., Seite 24). In der Folge listet das Visumhandbuch nicht abschließende Regelbeispiele für mögliche Anwendungsfälle der Härtefallregelung des § 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 6 des Aufenthaltsgesetzes auf.
Des Weiteren wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 9-393 vom 2. Oktober 2020 verwiesen.


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