Grundrechte für alle – eine zeitgemäße Forderung!


Das Grundgesetz feiert in diesen Tagen sein 70-jähriges Bestehen. Es ist eine große Errungenschaft in Bezug auf Menschenrechte und den Rechtsstaat. Das Grundgesetz hat uns die Grundrechte Artikel 1 bis 19 gebracht, die Freiheits- und Gleichheitsrechte gewährleisten, die der Staat schützen und wahren muss. Das ist ein guter Grund zum Feiern – auch 70 Jahre später.

Einige wenige dieser Rechte, wie die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, die Berufsfreiheit und die Freizügigkeit wurden dabei nur deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zuerkannt. Beispielsweise steht in Artikel 8, dass „alle Deutschen das Recht haben sich zu versammeln“. Dort wird explizit nur auf deutsche Staatsbürger Bezug genommen. Anders als zum Beispiel in der UN-Menschenrechtscharta, der Europäischen Menschenrechtskonvention oder der Europäischen Grundrechtecharta. Dort werden die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ausdrücklich „allen Menschen“ beziehungsweise „jeder Person“ zuerkannt. Die Formulierungen im Grundgesetz sollten diesen internationalen und europäischen Menschenrechtsabkommen angepasst werden.

Grundrechte nur für Deutsche?

Ein Blick zurück auf die Entstehung des Grundgesetzes macht deutlich, wie erfreut wir darüber sein können, dass die wichtigsten Grundrechte und Verfassungsprinzipien in der Verfassung fest verankert sind. Am 8. Mai 1949 haben in Bonn 61 Männer und vier Frauen des Parlamentarischen Rates über das Grundgesetz abgestimmt. Darunter auch der Kieler Jura-Professor Hermann von Mangoldt von der CDU,  der zur NS-Zeit ein Befürworter der Rassengesetze war. Er sah diese durch juristische Schriften legitimiert und warnte in der damaligen Debatte vor der Gefahr von „bolschewistischen Vereinigungen“ (JöR n.F. 1 1951, Stenoprotokoll S. 21/22). In seinem späteren Grundrechts-Kommentar wurde argumentiert, dass eine Ausdehnung der Deutschengrundrechte auf Nichtdeutsche „die Gefahr der Überfremdung“ bedeuten würde. Dezidierter Widerspruch gegen diese Formulierung kam von der Fraktion der Kommunistischen Partei Deutschlands. Deren Antrag, die Versammlungsfreiheit auf „alle Menschen“ auszudehnen, wurde in der 25. Sitzung des Grundsatzausschusses vom 24. November 1948 abgelehnt (JöR n.F. 1 1951, S. 114, Stenoprotokoll S. 59).

Zum Glück liegt diese Zeit weit zurück und die damalige politische Lage ist nicht mehr mit der heutigen Situation zu vergleichen.

Trotzdem wirken diese Positionen bis in die heutige Zeit. Die Verfassung unterscheidet weiterhin zwischen „Deutschen“ und „Nicht-Deutschen“. Die historische Begründung, warum dort nur „Deutsche“ steht, ist aus heutiger Sicht nicht tragbar. Sachfremde Erwägungen haben damals dominiert, warum man anders als noch im ersten Entwurf für das Grundgesetz, dem „Chiemseer Entwurf“, nicht „alle Menschen“ formuliert hat.

Eine weitere Initiative, die sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit im rechtlichen Kontext befasst, ist die Initiative „Palandt Umbenennen“. Sie strebt an, dass eines der wichtigsten Deutschen Standardwerke für alle Jurist*innen nicht mehr nach einem führenden Nationalsozialisten benannt werden sollte. Otto Palandt war Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes, Mitglied der NSDAP und der Akademie für Deutsches Recht, die die sogenannte „Arisierung“ des Rechtswesens vorantrieb. Die Initiative setzt sich dafür ein, dass die Gegner einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft, mit denen man die Ideologie von „Blut und Boden“ verbindet, nichts in unseren Bücherregalen von heute zu suchen haben.

Demokratie befördern

Das Grundgesetz selbst gibt uns den Auftrag, die ihm innewohnende Freiheit zu erhalten und damit auch Veränderungen zu fordern, die den Erhalt der Demokratie befördern. Das Grundgesetz ist der „Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes“, wie es das Bundesverfassungsgerichts in einem maßgeblichen Beschluss dazu formuliert. Es ist wichtig, diese Entscheidung ernst zu nehmen. Das bedeutet, dass man sich von Relikten der Zeit des Nationalsozialismus und Positionen eines Hermann von Mangoldt klar distanziert.

Ein erster Schritt wäre getan, wenn man die „Deutschengrundrechte“ in Menschenrechte umwandelt. DIE LINKE hat deshalb einen Antrag in den Bundestag eingebracht – Grundrechte für alle!

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