Kleine Anfrage
Kleine Anfrage: Rückkehrkampagne ,,Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!"
Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Gökay Akbulut u. a. und der Fraktion DIE LINKE.
Rückkehrkampagne ,,Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!“ (BT-Drucksache 19/67 45)
Das Ministerium des Innern, für Bau und Heimat wirbt aktuell mit einer Plakatkampagne auf Deutsch, Russisch, Arabisch, Französisch, Englisch, Farsi und Paschtu dafür, bis zum 31. Dezember 2018 freiwillig auszureisen. Auf den Plakaten wird freiwilligen Rückkehrerinnen und Rückkehrern in Aussicht gestellt, dass zusätzlich zur regulären Rückkehrförderung für volle zwölf Monate die Wohnkosten übernommen werden, sofern sie ihre Rückkehr bis zum 31. Dezember 2018 anmelden. Das Programm, das seit dem 15. September 2018 läuft, richtet sich an Menschen aus 45 Herkunftsländern. Die Plakate hängen seit dem 13. November 2018 vor allem in städtischen Gebieten, in einem zweiten Schritt sollen noch Leuchtplakate hinzukommen. Die Kosten der Werbeaktion liegen bei einer halben Million Euro (https://www.morgenpost.de/politik/article215825467/Ministerium-fordert-Rueckkehr-von-Fluechtlingen-auf-Plakaten.html).
Die Werbeaktion hat breite Kritik hervorgerufen (https://www.jetzt.de/politik/deinezukunftohnehorst-petition-gegen-plakatkampagne-des-bmi). Viele empfinden die Plakate als rassistisch und ausgrenzend, weil sie den Eindruck erweckten, dass Migrantinnen und Migranten in Deutschland nicht erwünscht seien und pauschal zur Ausreise aufgefordert werden sollten. Ein Beitrag des Berliner Rundfunks zitiert eine Passantin mit den Worten: „Ich finde das widerlich, fast wie ein Gewinnspiel. Geh‘ mal wieder nach Hause, kriegst noch 1.000 Euro Weihnachtsgeld drauf und dann auf Wiedersehen.“ (https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2018/11/berlin-brandenburg-kampagne-plakate-returning-from-germany-bundesinnenministerium-gefluechtete.html) Bernd Mesovic von Pro Asyl hält die Kampagne ebenfalls für „geschmacklos“. Das Angebot wirke wie ein Schlussverkauf. Eine solche „Schnäppchenphilosophie“ sei aber in keiner Weise angebracht, wenn es um das Schicksal von Menschen gehe (https://www.bento.de/politik/ausreise-im-winterschlussverkauf-innenministerium-wirbt-mit-fragwuerdiger-aktion-um-gefluechtete-a-ed6d9459-b749-461f-b3ab-d854d4872c36).
Hinzu kommt, dass die Auskunft auf den Plakaten, wonach für zwölf Monate die Wohnkosten übernommen werden, nach Ansicht der Fragesteller und Fragestellerinnen falsch oder doch zumindest grob irreführend ist. Laut dem Online-Informationsportal des Bundes zu freiwilliger Rückkehr können im Rahmen der Reintegrationsunterstützung im Bereich Wohnen Einzelpersonen bis zu 1.000 Euro und Familien bis zu 3.000 Euro erhalten – in Form von Sachleistungen. Die Unterstützung, mit der die Miete, Bau- und Renovierungsarbeiten oder die Grundausstattung für Küche oder Bad bezuschusst werden sollen, kann aufgesplittet über einen Zeitraum von einem Jahr ausgezahlt werden. Sollten sich Rückkehrer am Ende doch entscheiden, wieder nach Deutschland zurückzugehen, müssen sie alle erhaltenen Unterstützungsgelder vollständig zurückzahlen. Die taz bezeichnet die Reintegrationsunterstützung vor diesem Hintergrund als „ziemlich mieses Angebot“ (http://www.taz.de/!5551018/).
Rückkehrförderung ist an sich nichts Neues: Seit den 1990er Jahren werden freiwillige Ausreisen durch die Bund-Länder-Programme REAG und GARP finanziell gefördert. Diese Programme richten sich in erster Linie an Personen, deren Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde und die demnach ausreisepflichtig sind. Flüchtlingsverbände kritisieren die Rede von der „freiwilligen Rückkehr“ seit Langem als zynisch, da bei Personen, denen eine Abschiebung droht, von Freiwilligkeit keine Rede sein könne (http://www.frsh.de/fileadmin/schlepper/schl_31/s31_37-39.pdf). Am 1. Februar 2017 wurde zusätzlich das Programm Starthilfe Plus ins Leben gerufen. Laut Aussage des damaligen Bundesinnenministers Thomas de Maizière sollte es dazu dienen, die Zahl der freiwilligen Ausreisen signifikant zu erhöhen https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2017/01/starthilfe-plus.html). Im Unterschied zu REAG/GARP werden Rückkehrern bei Starthilfe Plus für die Rücknahme des Asylantrags Prämien geboten: Eine höhere finanzielle Förderung erhalten Flüchtlinge, die noch vor Abschluss ihres Asylverfahrens zurückkehren. Finanziell belohnt wird es auch, wenn Menschen ihren Verzicht auf Rechtsmittel gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge erklären oder wenn sie zurückkehren, obwohl ihnen ein Schutzstatus zuerkannt wurde.
Auch das Programm „Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!“ gab es schon einmal. Die Reintegrationsunterstützung im Bereich Wohnen wurde zwischen Dezember 2017 und Februar 2018 von rund 1.500 Rückkehrerinnen und Rückkehrern in Anspruch genommen. Die Bundesregierung bewertete dies als „beachtlichen Erfolg“ (Bundestagsdrucksache 19/3151, S. 6). Unsere Fragen und die Antwort der Bundesregierung finden Sie im folgenden Dokument.
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