Humanitäre Hilfe für Rojava – Diplomatische Schritte gegenüber Türkei

Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass das UNHCR humanitäre Hilfe auch in den Gebieten der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien leistet?
Angesichts der aktuellen Angriffe durch Dschihadisten-Milizen und der Fluchtbewegungen in die Region stellt sich zudem die Frage, welche diplomatischen Schritte gegenüber der Türkei unternommen werden, um deren Unterstützung für die Milizen zu beenden.

 

Mündliche Frage der Abgeordneten Gökay Akbulut
(Fragestunde am 18.Dezember 2024)

Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, auf internationaler Ebene darauf hinzuwirken, dass das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) auch in den Gebieten der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien humanitäre Hilfe für Binnenvertriebene, die aufgrund der aktuellen Angriffe von Dschihadisten-Milizen im Nordwesten Syriens in den Nordosten fliehen, leistet (vgl. nordundostsyrien.de) mit Hinblick darauf, dass nach meinem derzeitigen Kenntnisstand humanitäre Unterstützung bislang ausschließlich den bis zu dessen Sturz von Machthaber Baschar al-Assad kontrollierten Gebieten zukommt, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung auf diplomatischem Weg auf den Nato-Partner Türkei Einfluss zu nehmen, damit sie ihre Unterstützung für die Dschihadisten-Milizen in Syrien (vgl. Deutsche Welle; syriahr.com – Englisch und syriahr.com – Arabisch) beendet?

 

Antwort der Bundesregierung

Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sehr gerne. – Richtig ist, dass bisher im Nordosten Syriens unter dem Assad-Regime der UNHCR nur begrenzt vertreten war. Deswegen haben wir dort als Geber vor allem Nichtregierungsorganisationen unterstützt, die dort tätig waren. Mit dem Fall des Assad-Regimes wird sich Syrien neu ordnen. Hier sehen wir eine Chance für verbesserte Zugänge humanitärer Akteure, darunter auch UN-Organisationen. Wir sind im intensiven Austausch mit dem UNHCR, sowohl mit dem Hauptquartier in Genf als auch mit den Büros in Syrien, Jordanien und der Türkei. So können wir die Bedarfe vor Ort besser verstehen. Außerdem führen wir diesen Dialog, um UNHCR dabei zu unterstützen, in ganz Syrien Hilfe zu leisten. Mit der Türkei als zentralem Akteur stehen wir zur Lage in Syrien auf verschiedenen Ebenen in engem Austausch. Auch Bundesministerin Baerbock ist dazu im Gespräch mit ihrem türkischen Amtskollegen. Bundeskanzler Scholz hatte mit Staatspräsident Erdoğan bereits telefoniert.

Erste Nachfrage:
Da die Kurden in Syrien zunehmend und systematisch von dem NATO-Partner Türkei immer wieder angegriffen werden und gleichzeitig Schwierigkeiten haben, die IS-Kämpfer in den Lagern unter Kontrolle zu halten, benötigen sie dringend mehr Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft. Wie wird die Bundesregierung als Mitglied der Internationalen Allianz gegen den IS die demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in ihrem Kampf gegen den Terrorismus unterstützen, um die Rückkehr und das Erstarken des IS zu verhindern?

Antwort auf die erste Nachfrage:
Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich hatte eben schon die Gespräche erwähnt, die die Bundesministerin und der Bundeskanzler führen. In diesen Gesprächen geht es unter anderem um den Schutz der Minderheiten in Syrien. Ich kann den Tweet der Ministerin hier zitieren, in dem sie schreibt:

„#Kobanê ist Symbol für den mutigen Kampf der Kurd*innen gegen den IS. Weiteres Blutvergießen ist das Letzte, was die Menschen nach 14 Kriegsjahren erfahren sollten. Auch die #Türkei steht in Verantwortung, Syriens territoriale Integrität & die Hoffnung auf #Frieden zu erhalten.“

Im Übrigen sind auch nach wie vor die amerikanischen Bündnispartner in dem Gebiet zur Unterstützung der kurdischen Truppen präsent.

 

Zweite Nachfrage:
Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass der NATO-Partner Türkei gemeinsam mit den SNA-Milizen bei ihren Angriffen gegen die Kurden in Nord- und Ostsyrien auch deutsche Waffen einsetzt – da gibt es beispielsweise auch Nachweise und Fotos, unter anderem im Wikipedia-Eintrag zur SNA –, und inwieweit wird das Auswirkungen auf anstehende Waffenexporte an die Türkei haben?

Antwort auf die zweite Nachfrage:
Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Uns ist das bekannt, und wir haben große Sorge, was die bewaffneten Auseinandersetzungen betrifft. Deswegen hat die Ministerin auch alle zur Deeskalation aufgerufen, und wir sind den amerikanischen Bündnispartnern sehr dankbar, dass es ihnen dort gelungen ist, einen Waffenstillstand zu verhandeln. Das ist das, worauf es jetzt ankommt, unabhängig davon, wo irgendwelche Waffen herkommen. Darüber kann ich Ihnen hier keine Auskunft geben. Wichtig ist, dass diese Waffen schweigen.



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