Gemeinsame Erklärung u. a. der EU (ohne Deutschland) zur Siedlergewalt im Westjordanland

Bei Angriffen extremistischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland wurden seit Anfang Oktober mehr als 343 gewalttätige Angriffe verübt, dabei acht palästinensische Zivilisten getötet, mehr als 83 verletzt und 1026 Palästinenser aus ihren Häusern vertrieben. In einer gemeinsamen Erklärung von EU und 14 weiteren Staaten wird Israel aufgefordert sofortige und konkrete Schritte zu unternehmen, um die Siedlergewalt zu bekämpfen. Deutschland hat sich dieser gemeinsamen Erklärung nicht angeschlossen. Dazu befrage ich die Bundesregierung:

 

Schriftliche Frage der Abgeordneten Gökay Akbulut

(Monat Dezember 2023, Arbeits-Nr.: 23-12-0444)

Weshalb hat die Bundesregierung sich nicht der gemeinsamen Erklärung von EU und 14 weiteren Ländern angeschlossen, in der u. a. das Vereinigte Königreich, Australien, Kanada und Frankreich Israel auffordern, „aufgrund der Rekordzahl an Angriffen extremistischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland“, bei denen seit Anfang Oktober mehr als 343 gewalttätige Angriffe verübt, dabei acht palästinensische Zivilisten getötet, mehr als 83 verletzt und 1026 Palästinenser aus ihren Häusern vertrieben wurden, sofortige und konkrete Schritte zu unternehmen, um die Siedlergewalt zu bekämpfen (vgl. www.gov.uk/government/news/jointstatement-on-west-bank-settler-violence), und inwieweit mahnt die Bundesregierung ihre israelischen Partner bei ihrem Recht auf Selbstverteidigung gegen die Terrororganisation Hamas wegen der Art und Weise ihrer Kriegsführung – insbesondere mit Blick auf die exzessive Bombardierung von Wohnvierteln im GazaStreifen, bei denen Tausende unbeteiligte Kinder, Frauen und andere Zivilisten getötet wurden (vgl. u.a. NZZ vom 04.12.2023, S. 2), mutmaßliche Kriegsverbrechen der israelischen Luftwaffe (vgl. www.ecchr.eu/pressemitteilung/verdacht-auf-kriegsverbrechen-durch-israelische-luftangriffegeneralbundesanwaltschaft-sollte-im-fall-der-familie-abujadallah-umgehenermittlungen-einleiten/) und die gezielte Sprengung öffentlicher Einrichtungen, von denen offenbar keine Gefahr ausgeht (vgl. NZZ vom 19.12.2023, S. 5) – zur Einhaltung des Völkerrechts?

 

Antwort der Bundesregierung

Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten völkerrechtswidrig sind und ein zentrales Hindernis für eine Zweistaatenlösung darstellen. Die Bundesregierung fordert die israelische Regierung regelmäßig dazu auf, sich an das Völkerrecht zu halten und den illegalen Siedlungsbau zu stoppen.

Die Erklärung vom 14. Dezember 2023 zu Siedlergewalt wurde im Rahmen des West Bank Protection Consortiums (WBPC) abgestimmt. Eine Erklärung durch die Außenministerien auf Hauptstadtebene wie vom 14. Dezember 2023 ist im Rahmen der Arbeit des WBPC eine Neuerung. Da das WBPC aus Sicht des Auswärtigen Amts eine auf Ebene der Vertretungen der Mitgliedsländer in den besetzten palästinensischen Gebieten agierende Gruppierung sein soll, konnte das Auswärtige Amt die Erklärung zum Zeitpunkt des Abstimmungsprozesses aus formalen Erwägungen so kurzfristig nicht mittragen.

Die Bundesregierung ist seit dem 1. März 2021 Mitglied im WBPC und unterstützt es seit 2022 finanziell. Das WBPC finanziert Hilfsvorhaben für palästinensische Zivilistinnen und Zivilisten, vor allem in den C-Gebieten des Westjordanlandes, wo palästinensische Gemeinden in zunehmendem Maße durch israelische Siedlerinnen und Siedler bedroht werden. Außerdem dokumentiert das WBPC Vorfälle von Siedlergewalt und bietet ein Forum zur Koordinierung, um dagegen vorzugehen.

Die Bundesrepublik hat Israels Recht auf Selbstverteidigung im Rahmen des humanitären Völkerrechts gegen den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 und den andauernden Raketenbeschuss vielfach bekräftigt. Zugleich hat die Bundesregierung gegenüber der israelischen Regierung immer wieder deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Israel die Verantwortung hat, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten und Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza bestmöglich zu schützen. Die Bundesregierung fordert die israelische Regierung auch weiterhin dazu auf, das humanitäre Völkerrecht zu befolgen und mehr für den Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza zu tun.



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