Bildungsgerechtigkeit: Interkulturelle Pädagogik bei Lehrkräften


Wie werden Lehrkräfte in ihrem Studium auf den Umgang mit unterschiedlichen Kulturen vorbereitet und was muss man sich unter interkultureller Pädagogik genau vorstellen?

Diese und andere Fragen habe ich mit Sylvia Selke, Fachschulrätin für Migrationsforschung in Heidelberg und Angela Nassal, tätig im sonderpädagogischen Bereich, diskutiert. Sie sehen ihre Arbeit als Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis wie beispielsweise beim Ausbildungsmodul „Übergreifender Studienbereich Transkulturelle Bildung“.

Was ist aber genau interkulturelle Pädagogik? Das Konzept der Interkulturalität, so Selke, gehe davon aus, dass zwischen verschiedenen, aber in sich homogenen Kulturen kommuniziert werde. Das müsse aber weiter gedacht werden, vielmehr muss es um einen transkulturellen Ansatz gehen. Kulturen seien ja nicht statisch, sondern entwickeln sich im Wechselspiel mit anderen Kulturen weiter. Statt eine Kultur also als eine in sich geschlossene Kugel zu sehen, müsse vielmehr der Menschen in den Mittelpunkt gerückt werden. Der transkulturelle Ansatz setzt den Fokus nicht auf das Trennende sondern fragt, was uns denn verbindet. In der Pädagogik handelt es sich somit um einen systemischen Ansatz, der angehenden Lehrkräften vermittelt werden soll.

Es sei wichtig, dass Lehrkräfte sich hier fortbilden können, so Akbulut. Den Menschen in den Mittelpunkt zu rücken und auf Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund entsprechend eingehen zu können, das ist eine wichtige Grundlage für mehr Bildungsgerechtigkeit. Das Ziel in der Bildung müsse sein, niemanden zurück zu lassen. Die jetzige Diskussion zum Thema Integration ist mitunter sehr problematisch, da sie stets von einer Defizitperspektive ausgeht. Migrantinnen und Migranten müssen sich integrieren, also erst eine von der Mehrheitsgesellschaft vorab definierte Leistung erbringen, um als legitimer Teil anerkannt zu werden. Sie sind das Defizitäre, das sich durch verschiedene Maßnahmen erst anpassen muss. Wir müssen weg von dieser Perspektive, so Akbulut, und hin zu einer gemeinsamen Vorstellung von einer kulturell-diversen Gesellschaft.

Eine gute Unterstützung sind zum Beispiel interkulturelle Lernbegleiter*innen. Das ist ein äußerst niedrigschwelliges Angebot, das als Präventivmaßnahme zudem oft teure Jugendamtsmaßnahmen vorbeugen kann. Die Begleiter*innen erfüllen ihre Aufgabe mit großem Engagement und persönlichen Einsatz, und das trotz der schlechten Bezahlung. Hier gibt es ein gutes Angebot, das gerne angenommen wird und Effekt erzielt, aber wegen mangelnder Finanzierung nur punktuell zur Verfügung steht. Diese Angebote zu institutionalisieren und mit den nötigen Mitteln und besseren Löhnen zu versehen wäre ein richtiger Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit – da müssen wir ansetzen.


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