Neckarstadt-West: No-Go Area, Spekulationsobjekt oder lebendiger Stadtteil?


Die ZDF-Dokureihe 37 Grad hat einen Bericht über die Neckarstadt-West herausgebracht. Vorab erst einmal vielen Dank an die dort interviewten, die mit ihrer sozialen Arbeit vor Ort einen unglaublich wichtigen Beitrag leisten. Ohne euch wäre das soziale Stadtleben nicht denkbar!

Was mich aber schon irritiert ist der Grundtenor. Klar haben wir in der Neckarstadt-West ungelöste soziale Probleme. Gerade das Thema Zwangsprostitution lässt mich nicht los, denn hier versagt der rechtliche Rahmen auf Bundesebene völlig. Wie kann es sein, dass Zuhältern, denen Menschenhandel sogar nachgewiesen werden konnte, vor Gericht zum Teil mit Bewährungsstrafen davonkommen? Hier muss auf Bundesebene dringend die Gesetzeslage verschärft werden!

Aber die Neckarstadt-West zu einer Art no-go Stadtteil zu erklären, das geht gar nicht. Hier wohnen über 22.000 Menschen mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen.

Was ist mit dem kulturellen und sozialen Projekten, die dort laufen? Die Neckarstadt-West hat ein buntes und vielfältiges Stadtteilleben, in dem sich viele Menschen unterschiedlicher Nationen und Religionen engagieren. Dies kommt mir in der Dokumentation einfach nicht vor.

Worüber ebenfalls überhaupt nicht geredete wird ist der Gentrifizierungsprozess der in der Neckarstadt unzweifelhaft im Gange ist.  Da werden etliche Gebäude aufgekauft, fadenscheinig saniert und aufgehübscht. Die Mieten steigen natürlich kräftig, so dass Alteingesessene und Menschen mit geringem Einkommen das nicht mehr bezahlen können.

Ist das die Lösung von Armut und sozialer Schieflage: die Menschen aus der Stadt und damit aus dem Sichtfeld zu verdrängen – ganz nach dem Motto Aus den Augen, aus dem Sinn? Die Lösung muss doch vielmehr sein, soziale Beratungs- und Hilfsstrukturen auszuweiten und den rechtlichen Rahmen so zu stärken, dass wir Betroffenen auch wirklich helfen können.


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