Corona: Schulöffnungen in Mannheim


In der Elternschaft brodelt es. Seit dem 17. März sind die Schulen in Baden-Württemberg geschlossen. Seitdem gibt es vonseiten der Landesregierung und des Kultusministeriums keine erkennbare Strategie, wie Unterricht und Betreuung für etwa 1 Million Schülerinnen und Schüler im Land organisiert werden kann.

Während Fitnessstudios, Biergärten und Freizeitparks wieder öffnen, beschränkt sich das Kultusministerium darauf, für den Bildungsbereich vage Rahmenbedingungen herauszugeben und wälzt so die Verantwortung auf die einzelnen Schulen ab. Eltern, die durch die Öffnungen wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, werden mit der Kinderbetreuung im Stich gelassen. Hinzukommt eine von den Kommunen, den Bildungseinrichtungen und der Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) scharf kritisierter Kommunikationsstil, welcher die Beteiligten immer wieder sehr kurzfristig vor vollendete Tatsachen stellt.

Wie so oft hat aber auch dieses Chaos eine positive Seite. So streben die Elternbeiräte verschiedener Kitas eine landesweite Vernetzung an. In einem offenen Brief an Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann fordern sie Mitsprache in der Kinder- und Familienpolitik sowie die Schaffung eines Elternbeirates auf Landesebene mit vergleichbarer Stellung wie die Elternvertretung an den Schulen.

Diese Initiative ist sehr zu begrüßen und zeigt bereits erste Wirkung. Frau Eisenmann rückt von ihrer Aufschiebe-Taktik ab und kündigte an, die Kitas bis Ende Juni wieder öffnen zu wollen. Während es bei den Kitas Fortschritte gibt, wird bei den Schulen noch versucht die Situation bis zu den Sommerferien auszusitzen.

So hatte sich der Gesamtelternbeirat Mannheim bereits am 1. Mai mit einem offenen Brief an die Ministerin gewandt und bis heute keinerlei Antwort erhalten. Dabei sind für die dort aufgelisteten Probleme bislang keinerlei Lösungen in Sicht.

Das geplante „rollierende“ System sieht für zwei Wochen etwa 10 Stunden direkten Unterricht vor. Kombiniert mit „Fernlernangeboten“ soll verhindert werden, dass die Schülerinnen und Schüler im Stoff zurückfallen. Ob dies funktioniert, darf angesichts der Tatsache stark bezweifelt werden, dass es in Baden-Württemberg etliche Schülerinnen und Schüler gibt, die in den letzten zehn Wochen weder digital noch analog erreicht wurden.

Am problematischsten ist jedoch wiederum der „dezentrale“ Ansatz, der die Verantwortung auf die einzelnen Schulen und die Eltern abwälzt. Welche technischen Plattformen, welche digitalen Lehrmittel eingesetzt werden und in welchen Zeiträumen der direkte Unterricht umgesetzt wird, ist Sache der Schulen. Ein Stichwort an Frau Eisenmann – es soll auch Eltern mit Kindern auf verschiedenen Schulen geben.

Individuelles Versagen oder strukturelle Probleme?

Auch wenn Frau Eisenmann als Ministerin zurecht für ihr Krisenmanagement und vor allem für ihre unzureichende und intransparente Informationspolitik kritisiert wird, liegen die Ursachen tiefer: Die maroden Schulgebäude und der teilweise erschreckende Zustand der sanitären Einrichtungen machen die Umsetzungen von Hygienekonzepten und Lernen unter Corona-Bedingungen sicherlich nicht leichter. Gleiches gilt für die stagnierende Digitalisierung.

Trotz Digitalpakt scheint „Digitalisierung“ in Baden-Württemberg mehr ein Schlagwort als ein wirklicher Prozess zu sein.

Hier sei an das krachende Scheitern der digitalen Lernplattform „ella“ erinnert. „ella“ wurde im Dezember 2015 von der grün-roten Landesregierung in Auftrag gegeben. Kurz vor der Einführung 2018 wurden technische Schwierigkeiten bekannt und das Projekt gestoppt. Mindestens 6,5 Millionen Euro Steuergelder wurden in den Sand gesetzt. Die Verantwortung für das Scheitern der Lernplattform möchte natürlich niemand übernehmen. Die SPD als größte Oppositionspartei ließ im Herbst 2019 durch Andreas Stoch (heute Vorsitzender der SPD Landtagsfraktion – aber 2015 noch selbst Kultusminister) verkünden, dass man von einem Untersuchungsausschuss keine neuen Erkenntnisse erwarte und deshalb keinen einsetzen wolle. Ohne die Haltung der SPD hier näher bewerten zu wollen:

Für Nalan Erol und Gökay Akbult steht fest: Alleine schon um demokratische Kontrolle beispielsweise durch Untersuchungsausschüsse gewährleisten zu können, sollte DIE LINKE 2021 in den Landtag!

Bei aller berechtigten Kritik an Eisenmann sollten die strukturellen Probleme des deutschen Bildungssystems und die Altlasten bei Sanierungsstau, Unterfinanzierung und verschlafener Digitalisierung  nicht übersehen werden.

Um für kommende Krisen gewappnet zu sein müssen alle darauf drängen, dass die enormen Summen, die nun als Staatshilfen mobilisiert werden, in sinnvolle und nachhaltige Investitionen fließen. Hierzu gehört auch ein digitalisiertes aber kostenloses Bildungssystem, in dem nicht der Geldbeutel der Eltern die Bildungschancen der Kinder bestimmt!

Weiterführende Links:

https://geb-kita-radolfzell.de/offener-brief-an-frau-dr-eisenmann-von-14-geb-kitas

https://www.geb-mannheim.de/geb-mannheim/offener-brief-an-frau-ministerin-dr-susanne-eisenmann-corona-pandemie-hilferuf-der-eltern/


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