Neues Adoptionsrecht für Stiefkinder immer noch nicht zeitgemäß

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir debattieren heute erneut den Gesetzentwurf zur Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien. Der Bundestag muss dazu die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. Das ist uns allen klar. Die Frage ist aber, wie.

Der Gesetzentwurf von Union und SPD ist nur eine Minimallösung. Auch die noch eingebrachten Änderungen der Koalition werden nämlich nicht dazu beitragen, dass eine Stiefkindadoption für alle Familienkonstellationen diskriminierungsfrei erfolgen kann. Die Änderungen führen teilweise sogar noch zu Verschärfungen.

Die Sachverständigen haben in der öffentlichen Anhörung eindeutig Kritik am bisherigen Gesetzentwurf geübt. Die Koalition hat diese Kritik in dem vorliegenden Änderungsantrag jedoch nicht berücksichtigt. Ich zitiere Professorin Dr. Hilbig-Lugani vom Deutschen Juristinnenbund:

Auch wenn das BVerfG nur zur Konstellation der Stiefkindadoption Stellung zu nehmen hatte, so lassen sich doch die Erwägungen des BVerfG auch auf die Konstellation der gemeinschaftlichen Adoption übertragen.

Zwar eröffnen Sie hier die Möglichkeit der Sukzessivadoption, also nacheinander folgende, nicht jedoch die gemeinschaftliche Adoption. Darin sieht der Deutsche Juristinnenbund, aber auch wir als Linksfraktion ganz klar einen Verstoß gegen Gleichheitsrechte.

Die Sachverständige Constanze Körner, die als Vertreterin von „Lesben Leben Familie“ in der Anhörung gesprochen hat, begrüßt zwar, dass es eine schrittweise Öffnung der rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend der Lebensrealität verschiedener Familienkonstellationen gibt. Dennoch gibt es weiterhin Benachteiligungen „queerer“ Familien, von denen lesbische Frauenpaare übrigens 90 Prozent ausmachen. Diese Paare haben immer noch keine Möglichkeit, vorgeburtlich beide als Eltern anerkannt zu werden.

Wir als Linksfraktion fordern in unserem Entschließungsantrag auch, dass im Abstammungsrecht eine Elternschaftsanerkennung für eheliche und nichteheliche Kinder geschaffen wird, die in die Partnerinnenschaft hineingeboren werden.

Bei ihnen handelt es sich nämlich nicht um Stieffamilien, sondern um Ursprungsfamilien. Sie sollten deshalb auch die gleiche rechtliche Stellung erhalten.

Zum Abstammungsrecht gibt es sogar progressive Vorschläge des BMJV. Diese sollten jedoch auch umgesetzt werden. Insgesamt ist das Adoptionsrecht auch mit den neuen Änderungen immer noch ehezentriert, und das muss sich grundlegend ändern.

Kinder, die in Ehen hineingeboren werden, sind rechtlich bessergestellt als nichteheliche Kinder. Das darf nicht sein. Wenn man dies nicht ändert, trägt man dazu bei, dass Ungleichbehandlungen fortgeführt werden. Der Ruf des Bundesverfassungsgerichts, das sich in seinem Beschluss besonders auf die Rechte der Kinder und den Gleichheitsgrundsatz stützt, war hier eindeutig. Wir als Linksfraktion nehmen diesen Ruf ernst, weshalb wir dem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen werden.

Vielen Dank.


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