Aufenthalt von verurteilten islamistischen Tätern des Sivas-Massakers in Deutschland
[Türkçe /Türkisch] [Drucksache des Bundestages]
Kleine Anfrage der Abgeordneten Gökay Akbulut, Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Christine Buchholz, Amira Mohamed Ali, Niema Movassat, Petra Pau, Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Helin Evrim Sommer, Kersten Steinke, Friedrich Straetmanns und der Fraktion DIE LINKE.
In der Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksachen 16/784 und 16/2229 wurde bereits nach einer möglichen Auslieferung von verurteilten Tätern des Sivas-Massakers, die in der Bundesrepublik Deutschland leben, an die Türkei gefragt. Die islamistischen Täter haben einen pogromartigen Brandanschlag auf das Madımak Hotel zu verantworten, bei dem 33 Menschen getötet wurden, die zu einem alevitischen Kulturfestival in Sivas (Türkei) zusammenkamen.
In der Bundestagsdrucksache 16/2324 hat die Bundesregierung erklärt, dass insgesamt 24 Personen namentlich bekannt sind, die „angeblich am Brandanschlag von Sivas am 2. Juli 1993 beteiligt gewesen sind und die sich in der Bundesrepublik Deutschland erwiesenermaßen oder möglicherweise aufhalten oder aufgehalten haben“ und sich von diesen Personen noch 11 in Deutschland aufhalten. Später hat die Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/7766 mitgeteilt, dass ihr neun der Täter namentlich bekannt sind, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten.
Im Zusammenhang mit dem Sivas-Massaker hat die Türkei, bis zum Stichtag 31. Mai 2013 insgesamt zehn Auslieferungsersuchen gestellt. In keinem Fall kam es zu einer Auslieferung.
Die Bundesregierung hat in der Bundestagsdrucksache 17/7766 erklärt, dass acht der neun Täter in Deutschland als asylberechtigt bzw. als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt sind und eine Person über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Aufenthaltsgesetzes verfügt.
In der Beantwortung der Mündlichen Frage 47, Plenarprotokoll 17/242 hat die Bundesregierung erläutert, dass zum Stichtag 31. Mai 2013 einer der Täter eingebürgert wurde, während bei einem anderen Täter der Einbürgerungsantrag abgelehnt wurde.
Wir fragen die Bundesregierung:
- Wie erklärt sich die Bundesregierung den Sachverhalt, dass ihr zunächst 24 Personen namentlich bekannt waren, die am Sivas-Massaker beteiligt gewesen sind und sich in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten haben (siehe Bundestagsdrucksache 16/2324) und später die Anzahl dieser Personen bis auf neun gesunken ist (siehe Bundestagsdrucksache 17/7766) (bitte aufschlüsseln)?
a) Wie viele der 24 Personen sind wann, aus Deutschland, in welche Staaten gezogen?
b) Wie viele der 24 Personen sind wann unbekannt verzogen?
c) Wie viele der 24 Personen sind wann verstorben?
d) Bei wie vielen der 24 Personen stellte sich heraus, dass sie nichts mit dem Sivas-Massaker zu tun hatten?
e) Wie viele der 24 Personen sind gegebenenfalls in die Türkei zurückgekehrt und inwieweit wurden sie aufgrund der vorangegangenen Verurteilung in Haft genommen? - Wie viele Personen, die in der Türkei wegen der Beteiligung am Sivas-Massaker verurteilt worden sind, leben nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell noch in der Bundesrepublik Deutschland?
- Wie viele Auslieferungsersuche für die in Frage 2 genannten Personen sind nach dem Stichtag 31. Mai 2013 noch hinzugekommen, und wie wurde darüber entschieden bzw. was sind Gründe für eine Ablehnung?
- Inwieweit hat die Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung ihre Auslieferungsersuchen für die in Frage 2 genannten Personen nach dem Stichtag 31. Mai 2013 aufrechterhalten und wann und in wie vielen und welchen Fällen hat sie gegebenenfalls ein Auslieferungsersuchen zurückgezogen?
- Inwieweit, wann und zu welcher Gelegenheit wurde die Frage von in der Türkei wegen ihrer Beteiligung am Sivas-Massaker verurteilten, in Deutschland aufhältigen Personen nach Kenntnis der Bundesregierung in bilateralen Gesprächen zwischen Deutschland und der Türkei thematisiert?
- Welche Gremien und Ministerien haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit mit den Auslieferungsersuchen für die in Frage 2 genannten Personen beschäftigt?
- Über welche Aufenthaltstitel verfügen die in Frage 2 genannten Personen nach Kenntnis der Bundesregierung?
- Welche Staatsangehörigkeit(en) besitzen die in den Fragen 2 genannten Personen (bitte aufschlüsseln) nach Kenntnis der Bundesregierung?
- Wie wurde nach Kenntnis der Bundesregierung über Einbürgerungsanträge der in Frage 2 genannten Personen, nach dem Stichtag 31. Mai 2013, entschieden?
- Waren die sich in Deutschland aufhaltenden der in Frage 2 genannten Personen nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit Thema in Gesprächen zwischen deutschen und türkischen Behörden? Wenn ja, wann und was genau wurde dazu besprochen und mit welchem Ergebnis?
- Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland Ermittlungsverfahren in diesem Zusammenhang und wie lauten die Ergebnisse (bitte aufschlüsseln)?
- Sind Personen, die in der Türkei wegen der Beteiligung am Sivas-Massaker verurteilt worden sind und sich in Deutschland aufhalten oder aufgehalten haben, nach Kenntnis der Bundesregierung in anderen Zusammenhängen bei Ermittlungen von Sicherheitsbehörden wegen islamistischen oder anderen extremistischen Zusammenhängen irgendwie in Erscheinung getreten und wenn ja, wann, wie viele Personen und in welchen Zusammenhängen?
- Welche auch nachrichtendienstliche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob Personen, die in der Türkei wegen der Beteiligung am Sivas-Massaker verurteilt worden sind und sich in Deutschland aufhalten oder aufgehalten haben, in anderen Zusammenhängen wegen islamistischen oder anderen extremistischen Zusammenhängen in Erscheinung getreten sind?
- Wurden Personen, die in der Türkei wegen der Beteiligung am Sivas-Massaker verurteilt worden sind und sich in Deutschland aufhalten oder aufgehalten haben, im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETAZ) thematisiert und wenn ja, wann und in welchem Kontext?
- Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob in der Türkei im Zusammenhang mit dem Sivas Massaker verurteilte und in Deutschland lebende Personen zu irgendeinem Zeitpunkt als V-Leute oder Informanten für eine Polizeibehörde oder einen Nachrichtendienst des Bundes oder der Länder einschließlich der Landesämter für Verfassungsschutz tätig gewesen war oder ist?
- Wie gedenkt die Bundesregierung den Schutz der Opfer-Angehörigen des Sivas-Massakers, die hier in Deutschland leben, zu gewährleisten, wenn diese einigen der Täter hier begegnen könnten?
- Wie erklärt die Bundesregierung, dass einer der in der Türkei verurteilten und in Deutschland aufhältigen Täter des Sivas-Massakers nach Presseinformationen jedes Mal, wenn seine Adresse ermittelt und bei der Staatsanwaltschaft eingereicht wird, innerhalb eines Tages unbekannt verziehen konnte und das ganze Prozedere sich innerhalb von einem Monat fünf Mal wiederholt hat (www.artigercek.com/haberler/madimak-in-bas-saniginin-adresi- belli-ancak-bulunamiyor)?a) Ist der Bundesregierung bekannt, ob und seit wann sich M. S. in Deutschland aufhält?
b) Über welchen Aufenthaltsstatus verfügt M. S. nach Kenntnis der Bundesregierung?
c) Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob M. S. als V-Mann oder Informant für eine Polizeibehörde oder einen Nachrichtendienst des Bundes oder der Länder einschließlich der Landesämter für Verfassungsschutz tätig war oder ist?
Weitere Informationen:
- Kleine Anfrage als PDF-Datei
- Türkçe: Sivas Katliamı ile ilgili Soru Önergesi - Gökay Akbulut, SOL PARTI
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