Workshop Feminismus und Rassismus
Antirassismus-Konferenz Solidarität ist #unteilbar
„Feminismus wird oft benutzt, um dahinterliegenden Rassismus zu verschleiern“
Khola Hübsch
In ihrem Auftaktstatement machte die Aktivistin Khola Hübsch direkt deutlich, worin für Sie die Herausforderung liegt, wenn zu Feminismus und Rassismus diskutiert wird. Allzu oft würden „im Namen des Feminismus“ vermeintliche Missstände aufgezeigt, die als Zeichen der „Unterdrückung der Frau“ herhalten müssen, wie z.B. das Tragen eines Kopftuchs. Dabei würden häufig feministische Themen mit rassistischen Erklärungsmustern unterfüttert. Für Hübsch auch ein Beispiel dafür, wie der Körper der Frau instrumentalisiert wird und die „Verschleierung“ beispielsweise so ausschließlich als Instrument der Kultur/Religion gelesen wird, nicht als eigenständige Entscheidung der Frau.
Für sie sei solch eine Debatte Beispiel dafür, wie „Andersartigkeit“ genutzt wird. Sie vermisst (auch mediale) Aufmerksamkeit dafür, dass für manchen Frauen das Tragen des Kopftuchs ein Akt des Empowerments ist. Innerhalb vieler Communities muslimischer Frauen fände bereits die aktive Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen statt.
„Warum wird im Workshops über Feminismus und Rassismus gesprochen, und warum geht es nicht in erster Linie um das Patriarchat?!“
Dr. Emilia Roig
Für Dr. Emilia Roig, die in Berlin das weltweit erste Center für Intersectional Justice gegründet hat, steht als die Frage im Raum, warum im Workshops über Feminismus und Rassismus gesprochen werde und warum es nicht in erster Linie um das Patriarchat geht?
Roig, die sich mit ihrer Arbeit der Förderung von Gleichstellung verschrieben hat, legt den Fokus auf die Bekämpfung intersektionaler, also diverser ineinandergreifender Formen von Diskriminierung. Sie beschreibt „die Aufrechterhaltung des Patriarchats“, als das soziale Konstrukt, welches Rassismus und Feminismus bedinge und aufgebrochen werden müsse. Um die vorherrschende Schieflage zu verändern (schlechtere Bezahlung von Frauen; wenige Repräsentation von Migrant*innen in Leitungspositionen etc.), plädiert sie für Quotierungen.
Die intersektionale Dimensionen von Diskriminierung stellt Roig als Quadrat dar. Es setzt sich zusammen aus (1) einer individuellen, (2) einer strukturellen, (3) einer institutionellen und (4) einer historischen Dimension. Rassismuserfahrungen werden ihrer Beobachtung nach oft auf individuelle Erfahrungen reduziert. Die akademische Herleitung der vier Ebenen von Diskriminierung wiederum wirkten empowerned.
Auf die kritische Publikumsfrage, dass Themen zu „akademisch“ geführt würden entgegnete Sie, dass es vielen Communities, die von Rassismus betroffen seien helfe, sich wissenschaftlich den Dimensionen von Rassismus anzunähern. Diese erklärten, dass Rassismus auf individueller Ebene passiere und zusätzlich u.a. von kolonialen Bildern historisch geprägt seien. Das wirkt stärkend und rationalisiere die Debatte. Hübsch beobachtet, wie Debatten zu Feminismus und Rassismus bundesweit in unterschiedlichen Blasen und voneinander getrennten Milieus stattfänden. „Überall werden die Fragen anders gestellt, dabei geht es im Kern um wiederkehrende Themen. Oft erlebe ich Unverständnis, einfach weil die Debatten unbekannt sind. Hier will ich Brücken bauen.“ Ein Diskussionsangebot hat sie mit der Kampagne „Ich bin Muslimin, haben sie Fragen?“ erarbeitet. Rassismus wirkt sich aus im Alltag. Wie kann Antidiskriminierungsarbeit im Alltag aussehen? Dazu haben wir zwei Expertinnen aus der Bildungs- und Beratungsarbeit im Bereich Antirassismus eingeladen.
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