Kleine Anfrage


Kleine Anfrage: Zulassungsverfahren für Integrationskurse

Kleine Anfrage der Abgeordneten Gökay Akbulut, Dr. André Hahn, Simone Barrientos, Anke Domscheit-Berg, Nicole Gohlke, Ulla Jelpke, Cornelia Möhring, Amira Mohamed Ali, Niema Movassat, Petra Pau, Sören Pellmann, Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Friedrich Straetmanns, Dr. Kirsten Tackmann, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE. (Drucksache 19/1123)

 

Zulassungsverfahren für Integrationskurse

Als wichtiges Angebot für den Integrationsprozess von Einwanderinnen und Einwanderern besteht seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes 2005 in bestimmten Fällen ein rechtlicher Anspruch auf – gegebenenfalls aber auch eine Verpflichtung zur – Teilnahme an einem Integrationskurs (§ 43 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG). Die Durchführung der Kurse obliegt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das ein ausreichendes Kursangebot in der Regel durch öffentliche und private Träger gewährleisten soll (§ 1 der Integrationskursverordnung – IntV). Die Träger benötigen eine Zulassung des BAMF. Für das Trägerzulassungsverfahren hat das BAMF am 18. Oktober 2017 neue Vorschriften erlassen. Als zwingend erforderliche Voraussetzung gilt seitdem das „Vorhandensein mindestens zweier Unterrichtsräume mit einer Platzkapazitätvon jeweils 20 Teilnehmerplätzen (www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Integrationskurse/Kurstraeger/Traegerrundschreiben/2017/traegerrundschreiben-13_20171018-anlage-01.html).

Mit dieser Maßnahme werden Kursträger gezwungen, Kurse mit bis zu 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchzuführen, die über das System der „Zusteuerung“ belegt werden.
Eine hohe Kursteilnehmerzahl steht jedoch im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen, die schon im Jahr 2006 feststellten, dass „die Qualität des Unterrichts und der Lernerfolg […] wesentlich von der Anzahl der Teilnehmenden im Kurs abhängig sind“ (Ramboll Management, Abschlussbericht und Gutachten über Verbesserungspotenziale bei der Umsetzung der Integrationskurse.Hrsg. BMI. Berlin, 2006, S. 223).

Diese Erkenntnisse führten im Jahr 2007 zur Senkung der Höchstteilnehmerzahl in Integrationskursen von 25 auf 20 Personen – mit dem so genannten Integrationsgesetz wurde dieser Schritt Mitte 2016 gesetzgeberisch jedoch wieder zurückgenommen. Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen „ermöglichen kleine Kursgrößen den Kursleitenden stärker auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmenden einzugehen und sind daher für einen schnellen Lernerfolg von Vorteil und zu bevorzugen“ (Scheible, Jana A., Nina Rother: „Schnell und erfolgreich Deutsch lernen – wie geht das?“, Hrsg.: BAMF (Working Paper 72) Nürnberg, 2017, Seite 28). Die neue Anforderung des Nachweises zweier Räume für jeweils mindestens 20 Teilnehmende hat auch den Ausschluss kleiner Träger vom System der Integrationskurse zur Folge, denn kleine Träger können insbesondere aufgrund gestiegener Mieten in Ballungsräumen nur schwer zusätzliche Unterrichtsräume in der vorgeschriebenen Größe anmieten. Ein Teil der gewachsenen Trägerlandschaft mit langjähriger Erfahrung droht aus Sicht der Fragesteller damit ruiniert zu werden. Mit der Dritten Änderung der Integrationskursverordnung vom 25. Juni 2017 wurde für verpflichtete Teilnehmende die Möglichkeit abgeschafft, selbst den Bildungsträger auszuwählen, an dem sie einen Integrationskurs belegen können (§ 7 Absatz 3 Satz 1 IntV). Zukünftig sollen sie „zugesteuert“ werden. Gegen diese Maßnahme haben neun Berliner Träger und 106 Dozentinnen und Dozenten in einem offenen Brief vom 30. Oktober 2017 protestiert (https://goo.gl/xp7fyi). Sie befürchten eine Zersetzung der Lernmotivation der zwangsweise zugesteuerten Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer, da sie einen Bildungsträger nicht mehr ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend auswählen könnten. Hintergrund der Maßnahme sind Vorschläge im „Nationalen Aktionsplan Integration“, wo für ländliche Regionen lange Wartezeiten auf einen Kursbeginn festgestellt wurden (Nationaler Aktionsplan Integration 2011, S. 440) und ein System der Zusteuerung vorgeschlagen wurde. Ähnlich lokalisiert die empirische Studie des Unternehmens Ramboll Deutschland das Problem langer Wartezeiten überwiegend in ländlichen Gebieten, nicht aber in Ballungsräumen des (https://goo.gl/W5c9vG).

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