Kara Tepe (Lesbos) – ein Reisebericht und mein Interview im Mannheimer Morgen


Kara Tepe: Die Situation im Lager ist katastrophal. Ende Mai habe ich gemeinsam mit einer kleinen Delegation der LINKEN das Camp Kara Tepe auf Lesbos angeschaut. Die Gespräche mit den Menschen, die im dem Camp seit Monaten ausharren müssen haben mich erschüttert und bewegen mich bis jetzt.

Denn wir alle kennen die Bilder der Menschen, die auf der Flucht nach Europa an den Außengrenzen festgehalten und in den Camps im wahrsten Sinne des Wortes am langen Arm verhungern. Mit der Schaffung des Hotspots-Konzepts wurde den Menschen auf der Flucht bewusst der Zugang zu einem fairen Asylsystem genommen. Sie wurden an den EU-Außengrenzen gestoppt und in eine unwürdige und menschrechtsverletzende Lage gebracht, die sie in dramatische menschliche Verzweiflung treibt und nach außen abschreckend wirken soll.

In meiner gesamten Zeit als Abgeordnete im Bundestag habe ich die Situation in den Camps heftig kritisiert und die Bundesregierung gemeinsam mit der Fraktion aufgefordert die Camps zu schließen.  Die Geflüchteten – vor allem die Kinder – müssen sofort evakuiert werden. Wir haben mit allen parlamentarischen Mittel gegen diese Abschottungspolitik gekämpft. 2018 haben wir Salam Aldeen eingeladen um uns über die Situation der Hotspots auf den griechischen Inseln zu informieren. Ich habe mit zahlreichen Geflüchteten gesprochen, sie in den Bundestag eingeladen und mir anhand der Berichte von Menschenrechtsanwält*innen der Seebrücke Mannheim und Aktiven vor Ort die Lage schildern lassen.

Das Camp nun zum erstmal live zu sehen und feststellen zu müssen, dass sich nichts geändert hat – das macht mich fassungslos. Die aussichtslose Lage treibt mittlerweile immer mehr Geflüchtete in den Suizid, darunter viele Jugendliche und sogar Kinder.

Die knapp 6000 Menschen leben dort nach wie vor in Zelten. Bei über 30 Grad gibt es kaum Schatten auf dem Gelände, von fließendem Wasser, funktionierenden Sanitäranlagen und Elektrizität ganz zu schweigen. Selbst nach dem Brand in Moria im September 2020 und der weltweiten Empörung wurde lediglich ein neues Camp errichtet: Moria2. Die Zustände sind für die Menschen unverändert schlecht geblieben. Die EU hat die Menschen sich selbst überlassen und nun sehen sie keinen Ausweg mehr und versuchen sich mitunter sogar das Leben zu nehmen. Das darf nicht sein.

Das eingezäunte und provisorisch hergerichtete Zelt-Camp steht sinnbildlich für die unsolidarische Abschottungspolitik, mit der die EU Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt behandelt. Ich werde weiter dafür kämpfen, dass die Menschen würdig behandelt werden und Zugang zu legalen Fluchtwegen und fairen Asylverfahren bekommen.

Wir haben im Anschluss an die Reise sechs Punkte für eine solidarische Migrationspolitik an der EU-Außengrenze in den griechischen Hotspots formuliert. Im Wesentlichen sind sie bekannt und ich werde nie aufhören, für ihre Umsetzung zu kämpfen:

  1. Humanitäre Katastrophe in der EU beenden – Lager an den EU-Außengrenzen schließen
  2. Solidarität statt Abschottung – Menschenrechtebasierte Asyl- und Migrationspolitik
  3. Legale Zugangswege nutzen und erweitern
  4. Frontex abrüsten und in eine europäische Rettungsmission umwandeln
  5. Keine Externalisierung der Asyl- und Migrationspolitik – No more Deals
  6. Solidarität ermöglichen statt verhindern

Berichterstattung (Auszug):

Der Mannheimer Morgen hat mich zu den Zuständen in Kara Tepe interviewt: Als die Mannheimer Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Die Linke) von der griechischen Insel Lesbos aus anruft, hört man, wie emotional aufgeladen sie ist. „Katastrophal, nicht vorstellbar“, seien noch immer die Zustände im Flüchtlingslager Kara Tepe, das sie mit einer Delegation der Linken besucht hat. Die Gruppe ist abgereist, Akbulut ist noch länger geblieben. Um sich weiter mit Nicht-Regierungsorganisationen vor Ort zu vernetzen, erzählt sie.

Das Interview könnt ihr hier nachlesen.


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